Mindestlohn in Deutschland

Informationen anzeigen für Beschäftigte aus: polentschechien

Ich komme aus Polen und arbeite in Deutschland. Gibt es einen Mindestlohn für mich?

Ja. Ab dem 1. Januar 2015 gilt in Deutschland der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro je Stunde für deutsche und ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, welche keinen Anspruch auf einen Branchenmindestlohn haben. Das bedeutet, dass diejenigen, die in Deutschland eine Tätigkeit ausüben, mindestens 8,50 Euro je Stunde für ihre Arbeit erhalten müssen – sowohl von ihrem deutschen als auch von ihrem ausländischen Arbeitgeber. Auch Praktika sollen grundsätzlich mit dem gesetzlichen Mindestlohn vergütet werden. Von diesen Regeln gibt es jedoch für bestimmte Arbeitnehmer- und Praktikantengruppen Ausnahmen.

Zudem gelten in Deutschland, sowohl für die deutschen als auch für die ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Mindestlöhne in bestimmten Branchen. Das bedeutet, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einer bestimmten Branche in Deutschland arbeiten, einen Anspruch auf eine Vergütung mindestens in der Höhe des in dieser Branche geltenden Mindestlohnes haben. Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitgeber aus Deutschland oder aus dem Ausland kommt.


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Die Branchenmindestlöhne gehen zunächst dem gesetzlichen Mindestlohn in jedem Fall vor – also auch dann, wenn sie unter der 8,50-Euro-Grenze liegen. Spätestens ab dem 1. Januar 2017 müssen diese die Höhe von 8,50 Euro pro Stunde erreichen. In vielen Unternehmen gelten zudem Tarifverträge, die eine höhere Vergütung vorsehen. In diesem Fall können die dort beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine höhere tarifliche Vergütung verlangen.

Aktuelle Informationen zu den Mindestlöhnen unter www.mindestlohn.de und www.sachsen.dgb.de

Kann ich den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde verlangen, wenn ich in Deutschland nur einen Minijob habe oder wenn ich als Rentner oder Student etwas dazuverdiene?

Der gesetzliche Mindestlohn gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und damit auch für Minijobber, Rentner oder Studenten. Beim Minijob ist allerdings zu beachten, dass dieser auf 450 Euro im Monat beschränkt ist – ist das monatliche Einkommen höher, müssen Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden. Die Einführung der Mindestlohngrenze von 8,50 Euro pro Stunde hat zur Folge, dass ein Minijob nur in einem Umfang von 52 Stunden im Monat möglich ist.

Mein Arbeitgeber ist in Polen. Ich bin von ihm nach Deutschland entsendet. Gilt der Mindestlohn für mich?

Ja. Der Mindestlohn gilt für alle in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unabhängig davon, ob der Arbeitgeber seinen Sitz in Deutschland oder im Ausland hat.

Kann ich den gesetzlichen Mindestlohn verlangen, wenn ich keinen Arbeitsvertrag, sondern einen Werkvertrag oder Auftrag habe?

Entscheidend ist nicht die Bezeichnung des Vertrages, sondern ob Sie in der Wirklichkeit eine abhängige Tätigkeit ausüben. Wenn Sie mehrere Auftraggeber haben, Ihre Aufträge mit eigenem Werkzeug ausführen, dabei Ihre Arbeit grundsätzlich eigenständig organisieren und planen und deren Ergebnis vor den Auftraggebern verantworten, dann sind Sie selbstständig und müssen als Selbstständige/r Ihre Vergütung selbst verhandeln. Eine Mindestlohngrenze gilt für Sie nicht. Der Mindestlohn gilt für Sie, wenn Ihr Vertrag als Auftragsvertrag bezeichnet wird oder Sie einen Gewerbeschein haben, aber faktisch organisiert der Auftraggeber Ihre Arbeit und bestimmt in deren Verlauf, wann, wo und wie Sie zu arbeiten haben. In diesem Fall könnten Sie vor dem Arbeitsgericht ihren Lohn als Arbeitnehmer einklagen. Wenn für Sie kein Branchenmindestlohn gilt, können Sie zumindest den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde verlangen.

Ich bin als Haushaltshilfe in einem privaten Haushalt beschäftigt. Gilt für mich der Mindestlohn?

Ja. Der gesetzliche Mindestlohn gilt auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Privathaushalten.

Für wen gilt der gesetzliche Mindestlohn nicht?

Der gesetzliche Mindestlohn von derzeit 8,50 Euro pro Stunde gilt nicht für:


• Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung,
• für in Deutschland gemeldete Langzeitarbeitslose während der ersten sechs Monate der Beschäftigung,
• bestimmte Gruppen von Praktikanten.


Für Zeitungszusteller wird die Lohnhöhe stufenweise an den gesetzlichen Mindestlohn angepasst. Sie beträgt zunächst im Jahr 2015 75% des gesetzlichen Mindestlohnes, im Jahr 2016 85% des Mindestlohnes und ab 2017 100% des gesetzlichen Mindestlohnes. Diese Ausnahmen gelten nicht in Branchen mit eigenem Branchenmindestlohn.

Was bedeutet die Ausnahme für Langzeitarbeitslose? Gilt der gesetzliche Mindestlohn für mich, wenn ich in Polen seit längerer Zeit arbeitslos bin und nun in Deutschland arbeiten will?

Langzeitarbeitslose nach deutschem Recht sind Personen, die mindestens 12 Monate unmittelbar vor dem Beginn der Beschäftigung arbeitslos sind, d.h. bei der deutschen Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet waren. Das bedeutet, dass Arbeitgeber nur denjenigen in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung eine Vergütung unterhalb von 8,50 Euro pro Stunde zahlen dürfen, die unmittelbar davor mindestens 12 Monate in Deutschland arbeitslos waren.Im Ausland gemeldete Arbeitslose haben in jedem Fall vom ersten Tag an das Recht auf den gesetzlichen Mindestlohn. Gleiches gilt Arbeitslose aus dem Ausland, für die Branchenmindestlöhne gelten.

Gilt der gesetzliche Mindestlohn auch dann für mich, wenn ich nur für eine Saison / kurze Zeit in Deutschland als Erntehelfer oder in einem Biergarten arbeite?

Ja, auch für sog. Saisonarbeiter gilt der gesetzliche Mindestlohn gleichermaßen. Allerdings soll demnächst für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Landwirtschaft ein Branchenmindestlohn eingeführt werden. Dann gilt für die Beschäftigten in der Landwirtschaft dieser Branchenmindestlohn – auch wenn er zunächst unterhalb der 8,50-Euro-Grenze liegt – und nicht der gesetzliche Mindestlohn.

Unabhängig davon sind Saisonarbeiter, die nicht länger als 70 Tage (bisher 50 Tage) im Jahr in Deutschland arbeiten und die diese Arbeit nur gelegentlich und nicht berufsmäßig ausüben von der Verpflichtung zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Deutschland befreit. Entscheidend ist, ob eine andere Arbeit als Haupttätigkeit ausgeübt wird. Deshalb gilt diese Ausnahme nicht für Personen, die in ihrer Heimat arbeitslos sind.

Gilt der gesetzliche Mindestlohn auch dann für mich, wenn ich nur für eine Saison / kurze Zeit in Deutschland als Erntehelfer oder in einem Biergarten arbeite?Kann mein Arbeitgeber die Kosten meiner Unterbringung und Verpflegung vom Mindestlohn abziehen?

Wohl kaum. Dem Arbeitnehmer muss in jedem Fall der sog. pfändungsfreie Teil des Einkommens ausgezahlt werden. Dieser ist unterschiedlich hoch, je nach Anzahl der Personen, denen der Saisonarbeiter zur Zahlung des Unterhalts verpflichtet ist. Ein lediger Arbeitnehmer oder eine ledige Arbeitnehmerin ohne Kinder muss zumindest einen Betrag von derzeit 1.049,90 Euro als Nettozahlung (d.h. nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben) erhalten, bei einer Person mit Ehegatten und zwei Kinder sind es 1.879 Euro netto. Erst wenn das Nettoeinkommen über dieser Grenze liegt, könnte die Anrechnung von Kost und Logis in Frage kommen. Im Mindestlohnbereich wird es so gut wie nie der Fall sein.

Ich möchte in Deutschland arbeiten, bekomme aber nur Praktika angeboten. Kann ich dennoch den gesetzlichen Mindestlohn verlangen?

Grundsätzlich gilt der gesetzliche Mindestlohn auch für Praktikanten. Vom gesetzlichen Mindestlohn ausgenommen sind sog. Pflichtpraktika im Rahmen von Ausbildung oder Studium sowie Praktika zur Orientierung oder Begleitung von Berufsausbildung oder Studium von bis zu drei Monaten. Dagegen ist ein Praktikum nach abgeschlossener Ausbildung oder Studium von Anfang an zumindest mit 8,50 Euro zu vergüten. Gleiches gilt für ein Praktikum, welches länger als drei Monate dauert. Für Personen unter 18 Jahren gilt der Mindestlohn grundsätzlich nicht.

Ich möchte in Deutschland eine Ausbildung machen. Gilt für mich der Mindestlohn?

Für Ausbildungsverhältnisse gilt der Mindestlohn nicht. Die Vergütung während der Ausbildung richtet sich nach dem § 17 BBiG. Demnach haben Auszubildende Recht auf eine angemessene Vergütung. Die Höhe richtet sich in der Regel nach der jeweiligen Ausbildungsordnung.

Gilt der gesetzliche Mindestlohn auch dann für mich, wenn in meinem Arbeitsvertrag meine Bezahlung nicht nach Stunden, sondern für eine bestimmte Leistung, wie zugestelltes Paket oder gereinigtes Zimmer, festgelegt ist?

Ja. Der Mindestlohn gilt für jede Stunde der Arbeit auch dann, wenn die Höhe des Entgelts anhand der erbrachten Leistung bestimmt wird. Diese sog. Akkord- oder Stücklohnvereinbarungen sind nur dann zulässig, wenn sie den gesetzlichen Mindestlohn je Zeitstunde nicht unterschreiten. Das bedeutet, dass Sie für jede Arbeitsstunde mindestens 8,50 Euro erhalten müssen, unabhängig davon, wie schnell Sie arbeiten. Auch in den Branchen mit dem eigenen Mindestlohn darf dieser durch Akkord- oder Stücklohnvereinbarungen nicht unterschritten werden: eine Reinigungskraft muss für jede Arbeitsstunde den Mindestlohn für Gebäudereiniger bekommen, unabhängig davon wie schnell sie reinigt.

Mein Arbeitgeber zahlt zusätzlich zu dem Grundgehalt noch eine Zulage für Nachtarbeit und im Dezember ein halbes Monatsgehalt als Weihnachtsgeld. Kann der Arbeitgeber diese Zahlungen auf den Mindestlohn anrechnen, oder kommen sie „oben drauf“?

Zulagen, welche der Arbeitgeber für die Arbeit zu besonderen Zeiten, wie in der Nacht oder am Wochenende, oder für besondere Erschwernisse, wie die Schmutz- oder Erschwerniszulage, zahlt, sind zusätzlich zu dem Mindestlohn zu zahlen. Gleiches gilt in der Regel für Einmalzahlungen wie das Weihnachtsgeld.

Ich bekomme zusätzlich zu meinem Entgelt Trinkgeld von den Kunden. Kann der Arbeitgeber das Trinkgeld mit dem zu zahlenden Lohn verrechnen?

Nein. Das Trinkgeld, das Sie von den Kunden bekommen, zählt nicht als Vergütung, die der Arbeitgeber zahlen muss. Für jede Arbeitsstunde müssen Sie von ihrem Arbeitgeber mindestens 8,50 Euro bekommen.

Was mache ich, wenn mein Arbeitgeber meinen Mindestlohn nicht zahlt?

Der gesetzliche Mindestlohn muss spätestens am Ende des folgenden Kalendermonats gezahlt werden. Zahlt der Arbeitgeber bis dahin nicht, kann der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin innerhalb von drei Jahren (ab dem Ende des Kalenderjahres gerechnet) den gesetzlichen Mindestlohn beim deutschen Arbeitsgericht einklagen. Eine Vereinbarung kürzerer Fristen ist unwirksam. Diese Regel gilt nicht für die Branchenmindestlöhne, etwa in der Bauoder Pflegebranche oder bei der Leiharbeit. Diese Löhne müssen in der Regel innerhalb von 6 Monaten eingeklagt werden. Gewerkschaftsmitglieder erhalten kostenlosen Rechtsschutz und ihre Gewerkschaft klagt den Lohn für sie ein.

Was mache ich, wenn mein Arbeitgeber meinen Mindestlohn nicht zahlt?Von wem kann ich die Zahlung meines Lohnes verlangen?

Der Arbeitnehmer kann die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohnes für seine Arbeit nicht nur von seinem Arbeitgeber verlangen, sondern auch vom Auftraggeber seines Arbeitgebers und sogar von dessen Auftraggeber. Der Arbeitnehmer kann also jedes Unternehmen innerhalb der Auftragskette auf die Zahlung des Mindestlohnes verklagen. Das gilt sowohl für den gesetzlichen, allgemeinen Mindestlohn als auch für die Mindestlöhne in den einzelnen Branchen.

Wer kontrolliert, ob mein Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn tatsächlich zahlt?

Zuständig für die Kontrollen ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls. Stellt die FKS bei einer Kontrolle fest, dass der Mindestlohn nicht gezahlt wurde, drohen dem Arbeitgeber als Sanktion Bußgelder bis 500.000 Euro. Zur Erleichterung der Kontrollen sind ausländische Arbeitgeber verpflichtet, ihre Arbeitnehmer beim Zoll anzumelden. Zudem müssen sie in den Branchen wie Bau, Transport und auch bei den Minijobbern die täglichen Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmer aufzeichnen.

Wird sich die Höhe des Mindestlohnes irgendwann ändern?

Die Höhe des Mindestlohnes soll durch die Mindestlohnkommission alle zwei Jahre anhand der Entwicklung der Tariflöhne angepasst werden. Das erste Mal ist also mit einer Erhöhung des Mindestlohnes im Jahre 2017 zu rechnen.

Wo kann ich mich über den Mindestlohn informieren?

Es gibt mehrere deutschsprachige Websites, die über den gesetzlichen Mindestlohn informieren:

www.mindestlohn.de
www.der-mindestlohn-kommt.de

Hotline des DGB vom 2.1.2015 bis 31.3.2015: + 49 391 40 88 003

Zudem gibt es eine durch das Bundesarbeitsministerium eingerichtete Hotline
+49 30 60 28 00 28

die jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin anrufen können, wenn sie Fragen zum gesetzlichen Mindestlohn haben – allerdings nur auf Deutsch.

Internetseiten bzw. Kontakte

EURES-TriRegio: www.eures-triregio.eu

EURES Bayern-Tschechien: www.eures-by-cz.eu

DGB Projekt Faire Mobilität: www.faire-mobilitaet.de

Interregionaler Gewerkschaftsrat Elbe-Neiße: www.igr-elbe-neisse.org
Interregionaler Gewerkschaftsrat Viadrina: www.igr-viadrina.org

Für alle Ratsuchenden gilt: Wer Mitglied einer DGB-Gewerkschaft ist,
kann sich kostenlos in der nächsten Geschäftsstelle vor Ort beraten lassen. Wer noch kein Mitglied ist, sollte es rasch werden: Gemeinsam Rechte durchsetzen!
Weitere Infos auf www.dgb.de oder www.mindestlohn.de